Foto: Gerlinde Trinkhaus
Silke Kurz, Fachanwältin für Steuerrecht und Unternehmerin, Bezirksvorsitzende der Frauen Union der CDU Württemberg-Hohenzollern und Mitglied im Bundesvorstand:
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushalt 2021 stärkt unsere Demokratie – lässt sich dies auch vom Verhalten der Ampel-Regierung behaupten?
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Inhalt, dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 verfassungswidrig und damit nichtig ist, bringt Klarheit. Klarheit, dass die verantwortliche Ampel-Regierung in einer nicht der Verfassung entsprechenden Art und Weise versucht hat, Finanzmittel für politische Ziele und Zwecke zu verplanen und auszugeben, die sicher in der Sache im Wesentlichen richtig und wichtig sind, doch dies eben auf eine Art und Weise, die genau diesen Zielen und Zwecken nun mehr schadet als nützt.
Und ich bin schon der Überzeugung, auch wenn nun teils von den Verantwortlichen schnell auf die Lösung der Problematik geschaut werden möchte, dass man analysieren muss, welches Verhalten konkret das Bundesverfassungsgericht beanstandet. Insbesondere bedenklich stimmt, dass eine rückwirkende Änderung des Haushaltsgesetzes 2021 vorgenommen wurde. Dies widerspricht der Funktion des Haushaltsgesetzes als Planungsinstrument, so das Bundesverfassungsgericht. Rechtfertigungen hierfür finden sich im Gesetzentwurf nicht und wurden auch im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht nicht vorgetragen und seien auch nicht ersichtlich, so das Bundesverfassungsgericht. Ich stelle mir allein an diesem Punkt der umfassenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Frage, konnten die Verantwortlichen mindestens diesen, doch eigentlich klaren, Punkt, nicht im Vorfeld erkennen?
Ich komme aus der Wirtschaft und aus dem Steuerrecht und bin überzeugt, hätte sich ein Vorstand oder Geschäftsführer in einem Unternehmen ein solches Vorgehen „geleistet“, so wäre der Rücktritt bereits erfolgt. Als Beraterin und Verteidigerin auch in steuerstrafrechtlichen Verfahren wundere ich mich auch heute noch teilweise, wie schnell die Gerichte eine „Vorsatz-Tat“ annehmen, obwohl das deutsche Steuerrecht für den Laien doch als komplex bewertet werden darf.
Es entsteht leider in der Bevölkerung schnell der Eindruck, dass mit zweierlei Maßstäben gemessen wird. Dies gefährdet die Demokratie. Vertrauen in Politiker und die Politik allgemein ist unabdingbar, um die schwierigen Herausforderungen, die vor uns allen liegen, erfolgreich zu meistern.
Es enttäuscht doch sehr, wenn Verantwortliche aus der Ampel-Regierung nun allzu schnell über die Grundlagen, die zu dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geführt haben, hinweg gehen. Eine ehrliche und schonungslose Aufarbeitung und klare Verantwortungsübernahme wären angemessen und könnten das Vertrauen in Politik stärken.
Zudem ist in keiner Weise nachvollziehbar, aus welchen Gründen sich die Ampel-Regierung in weiten Teilen nun dem „Sparen“ verweigert. Jede und jeder von uns, sei es im privaten oder unternehmerischen Kontext, würde nun erst einmal die Ausgaben-Seite betrachten und mögliches Einsparpotential analysieren und entsprechende Schritte unverzüglich einleiten.
Doch der Chor der Stimmen der Ampel-Regierung kennt nur die eine Lösung: Frisches Geld muss her!
Nicht falsch verstehen, ich bin dafür, dass Kreditaufnahmen für objektiv erforderliche, rentable und zukunftsweisende Investitionen getätigt werden. Doch die Aufweichung oder gar die temporäre Aussetzung der Schuldenbremse steht im klaren Widerspruch zu den Interessen der nachfolgenden Generationen. Dies ist nicht zu akzeptieren. Konsumtive Ausgaben sind von den regulären Einnahmen zu bezahlen.
Es gilt der einfache Grundsatz: Man muss mit dem auskommen, was eingenommen wird.
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